Magen-Darm-Erkrankungen

Immer mehr Menschen leiden unter Problemen des Magen-Darm-Trakts.
Diese sind äußerst vielfältig und bedürfen einer sorgfältigen Anamnese und Abklärung.

Die häufigsten Erkrankungen in der Praxis sind:

Nahrungsmittel-Unverträglichkeiten

  1. Fructose-, Laktose-, Sorbit-Gruppe

Die verschiedenen Zuckerarten kommen in Nahrungsmitteln, Süßigkeiten sowie Getränken, Medikamenten und Vitaminpräparaten ubiquitär, also nahezu überall vor und können zu Blähungen, Krämpfen, Unwohlsein und Durchfall führen. Die Beschwerden können durch die schiere Menge der Zucker verursacht werden (Sorbit und Fructose werden im Dünndarm durch denselben Carrier aufgenommen) oder durch eine in der Regel angeborene Verringerung des abbauenden Enzyms auftreten. Die Therapie besteht im Wesentlichen in der Vermeidung der Aufnahme dieser Zucker, was durchaus trickreich sein kann.

In der Regel kann eine Bestätigung durch einen sog. H2-Atemtest, der auch zu Hause durchgeführt werden kann, erfolgen.

Eine sehr informative Seite hierzu finden Sie hier:

https://www.nahrungsmittel-intoleranz.com/

  1. Histamin-haltige Nahrungsmittel

Eine Histamin-Unverträglichkeit führt zu Beschwerden durch stark histaminhaltige Nahrungsmittel (eine Liste mit Histamin-haltigen Lebensmitteln finden Sie am Ende des Abschnitts), eine zu geringe Kapazität der Abbauenzyme für Histamin im Dünndarm oder in den Zellen oder einer Dysregulierung der Mastzellen, die Histamin enthalten (Allergien oder Urticaria), so dass sich zu viel Histamin im Körper ansammelt. Dies kann zu Hautveränderungen, Juckreiz der Haut und Schleimhäute, Atemnot, Durchfall, Krämpfen bei der Darmpassage führen, die sehr unangenehm sein können.

Bisherigen Erkenntnisse weisen darauf hin, dass eine Histaminintoleranz nahezu nie angeboren ist, sondern im Laufe des Lebens durch verschiedene Ereignisse ausgelöst wird (z.B. durch Veränderungen der Genexpression, also einer erworbenen Veränderung des Erbguts, Schädigungen des Immunsystems, nach und durch Infekte, durch Biomschäden, also Schäden an der Flora der Haut und Schleimhäute).

Die Enzyme DAO (Diaminoxidase) im Dünndarm und HNMT (Histamin-N-Methytransferase) in den Zellen bauen Histamin ab. Verschiedene Mechanismen können zur Störung des Systems führen:

  1. a) DAO wird ausreichend gebildet, das Enzym ist jedoch ganz oder teilweise inaktiv. Ursache: Der Darm ist durch verschiedene Prozesse verändert, wie z.B. durch andere Nahrungsmittel-Intoleranzen, längerfristige einseitige Fehlernährung, autoimmune Störungen wie M. Crohn oder Colitis ulcerosa, Zöliakie (Sprue), Überwucherung der Darmflora durch potentiell pathogene Keime oder die Einnahme von bestimmten Medikamenten sowie die Schädigung durch längerfristige Exposition mit chemischen oder auch gelegentlich pflanzlichen Stoffen.

Alkohol oder andere biogene Amine können das Enzym DAO hemmen und damit zu erhöhten Histamin-Spiegeln führen.

Ähnliche Mechanismen blockieren vermutlich auch das zweite Histamin-abbauende Enzym HNMT.

  1. b) Histamin kommt in vielen Lebensmitteln vor und entsteht unter anderem auch durch Lagerung oder Verarbeitung der Getränke oder Nahrungsmittel. Die schiere Menge an Histamin kann das System also überfordern, da die Abbau-Enzyme nicht ausreichen. Dies kann zu Krämpfen, Durchfall, Schmerzen führen die unterschiedlich lange anhalten können. Es kann zu Schwellungen der Haut und Schleimhäuten kommen, die sowohl den Magen-Darm-Trakt als auch den Atmungstrakt betreffen können.
  2. c) Bestehen Allergien gegen bestimmte Lebensmittel (z.B. verschiedene Nuss- oder Obstsorten), die selbst kein Histamin enthalten müssen, kann durch die Ausschüttung von körpereigenem Histamin aus Mast-Zellen eine Histamin-vermittelte allergische Reaktion auf diese Nahrungsmittel in verschiedenen Ausprägungen vom Lippenkitzeln bis zum allergischen Schock statt finden. Ggf können solche Nahrungsmittel oder Wirkstoffe über RAST-Tests identifiziert werden und müssen dann unbedingt gemieden werden. Patienten, die mit einem allergischen Schock reagieren könnten, werden dann in der Regel mit einem Notfallset ausgestattet.

Eine sehr informative Seite zur Histamin-Intoleranz finden Sie hier:

http://www.histaminintoleranz.ch/de/einleitung_kurzfassung.html

und hier:

http://www.onmeda.de/krankheiten/histaminintoleranz-ursachen-19093-3.html

Wenn eine Histamin-Intoleranz oder Unverträglichkeit bestimmter

Nahrungsmittel vorliegt, besteht die Therapie in der Regel im strikten

Meiden der auslösenden Stoffe, selten kann es angebracht sein bei Bedarf eine Kapsel mit Diaminoxidase (DAOSIN) einzunehmen, in anderen Fällen ist eine Therapie mit einem Antihistamin (Cetirizin, Lorano, etc.) hilfreich.

Bei allen Unverträglichkeiten kann zusätzlich zur Abklärung und ggf. Anpassung der Lebensgewohnheiten ein Aufbau der Darmflora sowie unterstützend Homöopathie oder/und TCM/Akupunktur hilfreich sein.

 

Mikrobiom-Schäden z.B. durch Antibiotika, andere Medikamente oder Nahrungsmittel

Unter dem Begriff Mikrobiom wird die Gesamtheit aller Mikroorganismen subsumiert, die in Lebewesen vorkommen.

Die Humanmedizin versteht darunter alle beim Menschen vorkommenden u.a. mikrobiellen Gene respektive DNA.

Die meisten Zellen im menschlichen Organismus sind tatsächlich keine menschlichen Zellen sondern mikrobielle Zellen verschiedenster Einzeller im Verhältnis 10:1, das heißt etwa 100 Billionen Bakterien koexistieren im Durchschnitt im/mit dem Menschen, überwiegend im Magen-Darmtrakt, auf Schleimhäuten und der Haut.

Allgemein bekannt sind mittlerweile Darmbakterien, aber auch alle Mikroorganismen, die auf der Haut oder Schleimhäuten wie z.B. in der Mundhöhle, den Nebenhöhlen und den Genitalorganen leben, spielen eine große Rolle in Bezug auf unsere Gesundheit. Immer wichtiger werden auch die Umgebungskeime, d.h. die Besiedelung mit Keimen in unserem direkten Lebensumfeld.

Die Besiedlungen mit Mikroorganismen zwischen dem Mensch/Lebewesen und den mit ihm lebenden Biom entwickeln und verändern sich laufend, die Veränderungen sind unterschiedlich und individuell spürbar. Dabei kommt es zu sehr komplexen Regulations- Mechanismen, die auf vielen verschiedenen Funktions-Ebenen der Lebewesen nachgewiesen werden können.

Im Zuge der Genomsequenzierung des Menschen wurde von verschiedenen Genetikern erkannt, dass auch das Biom, d.h. alle Mikroorganismen, die auf, in und mit Menschen leben, erforscht werden sollten, da ihre Zusammensetzung und Funktion erheblichen Einfluss auf die Gesundheit des Individuums hat. Die Kolonisierung des Magen-Darm-Trakts regelt z.B. in erheblichem Maß auch die Funktion desselben. Das bedeutet, dass unter anderem die richtige Aufspaltung der Nahrung, die Aufnahme von Vitaminen aus dem Darm in den Körper und die Verarbeitung von Fettsäuren aus der Nahrung essentiell von der Anwesenheit verschiedener Mikroorganismen im Darm abhängig sind.

Die Zusammensetzung scheint sich sogar soweit auszuwirken, dass die Eigenbewegungen des Darms, Entzündungen der Darmschleimhaut, die Ausscheidung von Schwer- oder Unverdaulichem durch das Biom mitgeregelt wird.

Die Zusammenhänge zwischen schweren Veränderungen des Darmklimas durch Dysbiose beeinflussen außerdem die Effektivität des Immunsystems. Derzeit wird erforscht, ob entsprechende Veränderungen des Darmmikrobioms unter anderem an der Entwicklung von Erkrankungen wie Darmentzündungen, Darmtumoren und Darmkrebs, Adipositas, metabolischem Syndrom, Arthritis aber womöglich auch Autismus und Morbus Alzheimer beteiligt sind.

Es gibt inzwischen gute Produkte, die es ermöglichen Darmflora wieder aufzubauen und zu regenerieren, die individuell ausgewählt werden sollten und sehr effektiv wirken können, immer auch unter Berücksichtigung der erfolgten Schädigung, die oft herausgefunden werden muss, einer möglicherweise nötigen Ernährungsveränderung und Berücksichtigung einer erfolgten oder evtl. weiterhin erforderlichen Therapie mit Medikamenten.

 

Obstipation (Verstopfung), Diarrhoe (Durchfall) oder wechselnde Entleerungsprobleme

Verstopfung (Obstipation), Durchfall (Diarrhoe) ebenso wie wechselndes Stuhlverhalten, also Verstopfung und Durchfall (Diarrhoe) abwechselnd, können viele verschiedene Ursachen haben.

Tatsache ist jedoch, dass diese Beschwerden die Lebensqualität enorm beeinträchtigen können.

Einige Ursachen sind:

  1. das angeborene Fehlen oder mangelhaft ausgebildete Nervengeflecht in der Darmwand (A- oder Dysganglionose), das sehr selten ist und eben auch sehr frühzeitig auffällt
  2. mechanisch/anatomische Veränderungen nach Schwangerschaften, Entzündungen oder Operationen mit daraus resultierenden Verwachsungen (Briden), am Anus in Form von Hämorrhoiden und am Darm durch die Entwicklung von Divertikeln, also Ausstülpungen der Darmschleimhaut durch das Bindegewebsgerüst des Darms, durchaus häufig. Divertikel entstehen entweder durch Veränderungen am Bindegewebe, z.B. einer angeborenen Bindegewebsschwäche, oder erworben durch längere Einnahme hormonell aktiver Wirkstoffe, z.B. Cortison, Kontrazeptiva, Schwangerschaften etc.
  3. Ernährungs- und/oder Medikamentenbedingte Gründe
  4. Tumore im Magendarmtrakt. Bei relativ rasch (über wenige Monate) aufgetretener Verstopfung sollte deshalb eine eine Magen- und /oder Darmspiegelung erfolgen, zumal wenn andere Maßnahmen nicht greifen und immer, falls die Beschwerden zunehmen.
  5. Eine  weithin wenig bekannte Form der Verstopfung ist die sog. Outletobstipation. Diese kann z.B. durch mechanische Probleme im unteren Mastdarmbereich aufgrund einer Beckenbodenschwäche entstehen. Dabei kommt es zu einer Aussackung direkt am untersten Teil des Enddarms zwischen Mastdarm und Scheide, einer sog. Rektozele. Hier kann sich Stuhl ansammeln, der sich in die Rektozele schiebt statt in den Afterkanal gleitend die Stuhlentleerung auszulösen. Diese Veränderung kann mit oder ohne einen Mastdarmvorfall vorkommen, die Verdachts-Diagnose wird radiologisch, also durch eine Röntgen-Untersuchung, ggf. mit Kontrastmittelfüllung bestätigt. Eine andere Variante der Austritts-Obstruktion kann entstehen wenn sich der Darm in sich selbst einstülpt Dabei entsteht direkt über dem Afterkanal eine Art Pfropfen der den Stuhl nur schlecht durchlässt, da die Peristaltik, also die Eigenbewegung des Darms durch das Ineinander stülpen der Darmabschnitte nicht mehr richtig funktioniert.

Die Therapie besteht nach Diagnosestellung ist vielfältig und immer an die Bedürfnisse des Betroffenen angepasst.

Hierzu gehören unter anderem:

  • Anpassung der Ernährung,
  • Bewegung, ggf. auch Krankengymnastik, da z.B. bei zusätzlich bestehenden Wirbelsäulenveränderungen eine Mitreaktion des Darmtrakts häufig ist. Dies betrifft Skoliosen ebenso wie Bandscheibenvorfälle oder Osteoporose.
  • Supplementation von Ballaststoffen, Biom oder anderen Hilfsstoffen oder
  • Pflanzliche und/oder homöopathische Therapeutika,

sowie ggf. in Einzelfällen einem

  • Eingriff falls die genannten Maßnahmen nicht ausreichen sollten.

Die Möglichkeiten zur Regulierung sind zahlreich und das Ansprechen auf diese Möglichkeiten sehr individuell, so dass immer im Einzelfall festgestellt werden muss welche Maßnahmen hilfreich sind. Dies erfordert auch von den Betroffenen Geduld und Flexibilität.

 

Zahlreiche andere Erkrankungen können ebenfalls zu Symptomen am Magen-Darm-Trakt führen, diese werden in diesem Abschnitt nur angesprochen, sollten jedoch im Zweifelsfall gründlich abgeklärt werden.

Diese sind u.a.:

  • Autoimmunerkrankungen (Gluten-Unverträglichkeit, Colitis ulcerosa, M. Crohn, AIH, Hashimoto oder autoimmune Thyroiditis, Kollagenosen etc)
  • Stoffwechselerkrankungen (Diabetes mellitus, vorwiegend Typ II, Über- oder Unterfunktion der Schilddrüse, Nebennieren, Hormonwechselzeiten wie Pubertät, Schwangerschaft oder Menopause, beim Mann Nachlassen der hormonellen Aktivität)
  • Stress und andere psychische Belastungen
  • Entzündungen z.B. durch Helicobacter pylori oder andere pathogene Keime wie Viren oder Bakterien, auch Candida oder andere Pilze

Hier sind entsprechende Blutuntersuchungen, ggf. Kulturen und Ultraschall sowie eine Anamnese bei der Diagnosestellung sehr hilfreich und entscheidend.

  • Reflux (Mageninhalt und Magensaft fließen in die Speiseröhre zurück, was u.a. zu Husten, Druck- und Schmerzgefühlen hinter dem Brustbein und am Kehlkopf sowie Sodbrennen führen kann), Magenentleerungsstörungen oder chronische Entzündungen des Magens und der Speiseröhre durch anatomische Veränderungen/Varianten, Stoffwechselveränderungen oder Ernährungsfehler
  • Gutartige und bösartige Tumore des Magen-Darm-Trakts

Das Erkennen und/oder der Ausschluss einer dieser Erkrankungen/Veränderungen erfordern immer ein multimodales Vorgehen und die Zusammenarbeit mit Spezialisten.

Die Abklärung von Magen-Darm-Beschwerden kann eine Herausforderung für die Beteiligten sein, ist aber oftmals auch eine sehr lohnende Aufgabe für die Betroffenen und deren Therapeuten, da eine wieder hergestellte Lebensqualität Potential wieder bringt, das für die Bewältigung des Lebens erforderlich ist.

Beschwerden können durchaus zunächst mit Hausmitteln angegangen werden, bestehen diese jedoch nach einigen Tagen weiter oder werden sie rasch schlechter sollte umgehend Hilfe gesucht werden.