Homöopathie

Die Ähnlichkeitsregel ist ein grundlegendes Prinzip der Homöopathie.
„Similia similibus curentur“ – Ähnliches werde durch Ähnliches geheilt.
Genau die homöopathische Arznei wird wirken, die in einer Prüfung am Gesunden die Symptome hervorgerufen hat, an denen der Erkrankte leidet.
Das Ähnlichkeitsprinzip
Das Ähnlichkeitsprinzip oder Teile davon beschreiben sowohl Hippokrates (460-377 v.Chr.) als auch Paracelsus (1493-1541) zugeordnete Schriften. Samuel Hahnemann (1755-1843) entdeckte dieses Prinzip 1790, als er einen Selbstversuch mit Chinarinde durchführte. Nach Abschluss dieses Versuches kommt Hahnemann zu dem Schluss, dass Chinarinde Malaria heilt, weil sie bei einem Gesunden die Symptome hervorruft, an denen der Kranke leidet. Nach weiteren sechs Jahren mit vielen Arzneimittelprüfungen an sich und vielen Freiwilligen veröffentlicht Hahnemann 1796 in einer Fachzeitschrift die ersten Ergebnisse seiner Forschungen und stellt seine neue Methode des Heilens vor: Die Homöopathie. Der Begriff setzt sich aus den griechischen Wörtern homoios (ähnlich) und pathos (Leiden) zusammen. „Durch das Ähnliche entsteht die Krankheit und durch Anwendung des Ähnlichen wird die Krankheit geheilt.“ Samuel Hahnemann hat dieses Ähnlichkeitsprinzip im „Organon der Heilkunst“ so beschrieben: „Wähle, um sanft, schnell, gewiss und dauerhaft zu heilen, in jedem Krankheitsfalle, eine Arznei, welche ein ähnliches Leiden für sich erregen kann, als sie heilen soll.“
Die homöopathische Erstanamnese
Eine homöopathische Fallaufnahme dauert ca. 2 Stunden. Hierbei werden chronische und aktuelle Beschwerden, die gesamte Persönlichkeit des Patienten, frühere Erkrankungen und die Familienanamnese erfragt. Wenn nur eine homöopathische Therapie erwünscht ist, so kann diese z.B. auch über Skype erhoben werden, entscheidend ist, dass die Kommunikation zwischen Patient und Arzt funktioniert und ausreichend Zeit und Vertrauen zur Verfügung steht.
Das Repertorisieren

 

Ein Repertorium ist die Sammlung aller möglichen Ausprägungen eines körperlichen oder seelischen Zustandes sowie aller möglichen Qualitäten eines Zustandes geordnet nach Organen und den gesamten Körper beeinflussende Störungen wie z.B. Fieber. Diesen einzelnen Punkten werden in unterschiedlicher Gewichtung alle Mittel zugeordnet, die auf diesen Zustand Einfluss nehmen mit Angabe des Namens des Therapeuten, der dieses Mittel dem entsprechenden Zustand zugeordnet hat. Alle in der Anamnese erhobenen Beschwerden werden repertorisiert, gewichtet und anschließend mit einer Materia medica abgeglichen um das am besten passendste Mittel für den Patienten zu bestimmen.

Die individuelle Mittelwahl

 

Kein Patient und keine Krankheit gleichen einander, deshalb wird individuell das geeignete homöopathische Arzneimittel gewählt, wobei die spezifischen Symptome, an denen der Patient leidet, und die Persönlichkeit des Erkrankten in unterschiedlicher Gewichtung in die Repertorisation einfließen. In der Regel wird nur ein homöopathisches Einzelmittel zu einer Zeit genommen, im Laufe einer Therapie kann es jedoch sinnvoll sein, das Mittel zu wechseln, manchmal auch eine definierte Mittelabfolge einzuhalten, wenn sich das Bild der Beschwerden entsprechend verändert.
Arzneimittelprüfung

 

Unter einer Arzneimittelprüfung versteht man, wenn ein Mittel von gesunden Freiwilligen in einer einheitlichen Potenz eingenommen wird und alle Symptome, die sich nach der Einnahme dieses Mittels zeigen, vom Prüfer notiert werden. Die Sammlung und Gewichtung der Symptome nach mehreren Prüfungen mit verschiedensten Freiwilligen und verschiedenen Prüfern ergeben eine umfassende Beschreibung der Wirkung des Mittels, das so genannte Arzneimittelbild. Das Arzneimittelbild wird komplettiert durch die Dokumentation der Heilwirkung eines Mittels anhand der von vielen Patienten zuvor gezeigten Krankheitsmerkmale, die durch die Gabe dieses Mittels aufgehoben werden. Eine Sammlung von Arzneimittelbildern nennt man Materia medica, diese stellt eine der Grundlagen zur richtigen Mittelfindung dar.
Die homöopathischen Arzneimittel

 

Die am häufigsten verwendeten homöopathischen Arzneimittel sind Globuli. Dies sind kleine Saccharosekügelchen, die mit dem jeweiligen Wirkstoff benetzt wurden. Gelegentlich können auch Tropfen, i.d.R. LM- oder Q-Potenzen, verwandt werden. Die Häufigkeit der Mittelgabe ist individuell, sie wird in erster Linie durch die Symptome bestimmt, die vorhanden sind, zweitrangig ist die gewählte Potenz des Mittels.
Krankheit und Gesundheit

 

Neben Hahnemann beziehen sich viele bedeutende Homöopathen wie Kent, Künzli, ebenso andere bekannte Homöopathen, wie Masi-Elizalde, Vithoulkas, Scholten oder Mangialavori in der Definition von Krankheit auf eine Verstimmung der im Original so genannten Lebenskraft. Die Tiefe und Art der Schädigung und die Zuordnung des Zustandes der Erkrankung wurde durch die Homöopathen unserer Zeit erheblich erweitert und vertieft, beispielsweise durch Systeme zur Kategorisierung oder dem Modell der verschiedenen Ebenen, auf denen Krankheiten agieren können, und haben wesentlich zum Verstehen des Wirkprinzips der Homöopathie beigetragen. In der Definition von Gesundheit gilt die Organon-Definition, die besagt: „Im gesunden Zustande des Menschen waltet die geistartige, … belebende Lebenskraft unumschränkt und hält alle seine Theile in bewundernswürdig harmonischem Lebensgange in Gefühlen und Thätigkeiten, …“

Die Weltgesundheitsorganisation (WHO) hat 1946 Gesundheit als einen Zustand völligen körperlichen, geistigen, seelischen und sozialen Wohlbefindens definiert. Zweck einer homöopathischen Therapie ist es, ganzheitlich zu diesem Ziel beizutragen.

Die Möglichkeiten und Grenzen der Homöopathie

 

Homöopathie wirkt dann am besten, wenn sie auf einen ausreichend zur Reaktion befähigten Organismus trifft. Die optimale Reaktion wird bestimmt durch die Wahl des richtigen Mittels, sowie die Wahl des richtigen Potenzierungsgrades dieses Mittels. Eine nach Hahnemann geschwächte „Lebenskraft“ reagiert in der Regel auch nur schwach auf Heilreize. Trotzdem kann versucht werden, adjuvant eine Besserung zu bewirken. Gute Erfolge der Homöopathie lassen sich oftmals bei folgenden Erkrankungen erzielen:

* psychovegetative Störungen, wie Schlafstörungen, Ängste oder Depressionen * Funktionelle Erkrankungen wie Migräne oder anderen Kopfschmerzerkrankungen * Reizdarm und andere funktionelle Magen-Darm-Erkrankungen * Urogenitale Störungen wie Menstruations- und Zyklusprobleme oder immer wiederkehrende unspezifische urologische Beschwerden * Blutdruck- und andere funktionelle Durchblutungsbeschwerden * Allergische Erkrankungen oder andere funktionelle Störungen des Immunsystems * Entzündliche Erkrankungen, soweit sie noch nicht zu strukturellen Organveränderungen geführt haben, können ebenfalls gut mit der Homöopathie (mit-)therapiert werden

Die konstitutionelle Therapie

 

Eine konstitutionelle homöopathische Therapie setzt ein enges Vertrauensverhältnis von Patient und Arzt voraus. Zudem ist es von großer Bedeutung die eigenen Vorgänge im Körper, gleich welcher Qualität, so eindeutig als möglich und trotzdem so detailliert als nötig beschreiben zu können. Dies ist als aktiver Prozess im Rahmen Ihrer Genesung zu sehen, als Ihr Anteil an der komplexen Mittelsuche, die jedoch damit alleine nicht endet. Eine erfolgreiche Therapie besteht zu einem nicht unerheblichen Teil auch darin, gemeinsam zu erarbeiten, was schadet und wie diese Beeinträchtigungen am Effizientesten vermieden oder verändert werden können, ohne dabei aus den Augen zu verlieren, dass Sie mit diesen Veränderungen gut leben können, diese gut in Ihr Leben integrieren können, um eine möglichst dauerhafte Besserung zu erzielen.

Hahnemann selbst schreibt in seinem Organon dazu auch:

in § 260: Für chronisch Kranke ist (daher) die sorgfältige Aufsuchung solcher Hindernisse der Heilung um so nöthiger, da ihre Krankheit durch dergleichen Schädlichkeiten und andere krankhaft wirkende, oft unerkannte Fehler in der Lebensordnung gewöhnlich verschlimmert worden war. ….Alle diese (die Heilung behindernden A.d.A.) Dinge müssen möglichst vermieden oder entfernt werden, wenn die Heilung nicht gehindert oder gar unmöglich gemacht werden soll.

und in § 261: Die, beim Arzneigebrauche in chronischen Krankheiten zweckmäßigste Lebensordnung, beruht auf Entfernung solcher Genesungs-Hindernisse und dem Zusatze des hie und da nöthigen Gegentheils: unschuldige Aufheiterung des Geistes und Gemüths, active Bewegung in freier Luft, fast bei jeder Art von Witterung, (tägliches Spazierengehen, kleine Arbeiten mit den Armen), angemessene, nahrhafte, unarzneiliche Speisen und Getränke u.s.w

Ein guter Therapeut wird also immer auch versuchen dem Patienten dabei zu helfen potentiell schädigende Einflüsse zu erkennen und zu modifizieren um einen möglichst lang anhaltenden Therapieerfolg zu erreichen.

Unabhängig davon kann man mit der Homöopathie sehr effektiv akute Erkrankungen (mit-)therapieren, z.B. Verletzungen, Infektionen, u.v.m, also „Verstimmungen der Lebenskraft“ durch kurzfristige Schädigungen von außen.

Forschung in der Homöopathie

 

Die Homöopathie gehört laut Sozialgesetzbuch V (SGB V) zu den Besonderen Therapiemethoden. Sie hat dadurch einen speziellen Status in der Vielzahl der Therapierichtungen. In den letzten Jahrzehnten gab es mehr als hundert homöopathische Studien, die nach wissenschaftlich akzeptierten schulmedizinischen Kriterien durchgeführt wurden. Um eine Übersicht über die Ergebnisse dieser Forschungen zu bekommen, wurde von einer Arbeitsgruppe um den Münchner Wissenschaftler Klaus Linde alle bis 1995 durchgeführten randomisierten Doppelblindstudien kritisch analysiert. Die Ergebnisse seiner Metaanalyse veröffentlichte Linde 1998 in der angesehenen britischen Fachzeitschrift Lancet und brachte damit die feste Bastion der Homöopathie-Kritiker nachhaltig ins Wanken. 67 der insgesamt 89 ausgewerteten Studien zeigten ein positives Ergebnis für die Homöopathie. Die Hypothese, dass klinische Effekte der homöopathischen Therapie ausschließlich auf Placebowirkung zurückzuführen seien, konnte eindeutig widerlegt werden. Der Linde-Studie wurde eine methodisch und wissenschaftlich korrekte Durchführung bescheinigt, auch der sog. publication bias war berücksichtigt worden, d.h. eine mögliche Verzerrung des Gesamtergebnisses durch Unterschlagung negativer Studien war ausgeschlossen.

Es wurden Evaluations-Studien von verschiedenen gesetzlichen Krankenkassen in Auftrag gegeben. In dieser Studie wurde der therapeutische Nutzen, die Risiken und die Wirtschaftlichkeit der Homöopathie untersucht. Die Auswertung des Modellversuchs von 1995 bis 2000 der Innungskrankenkasse Sachsen-Anhalts zeigt, dass etwa 70 Prozent der teilnehmenden Patienten eine Verbesserung der Beschwerden festgestellt hatten, 60 Prozent der Patienten konnten die Behandlung erfolgreich beenden. Über Nebenwirkungen berichteten sechs Prozent der Patienten. Knapp 80 Prozent der Patienten würden sich wieder einer homöopathischen Behandlung unterziehen. Die Studie zeigt eine positive Langzeitwirkung auf das individuelle Gesundheitsempfinden und die Lebensqualität der Studienteilnehmer. An der Studie nahmen vor allem Patienten mit chronischen Erkrankungen wie Migräne, Neurodermitis, Asthma bronchiale und Nebenhöhlenentzündung teil, die schulmedizinische Therapien hinter sich hatten. Die Förderung, Koordination und Durchführung von wissenschaftlicher Forschung in der Homöopathie ist erklärtes Ziel des Europäischen Instituts für Homöopathie (InHom) mit Sitz in Köthen (Anhalt). In der Schweiz gibt es ebenfalls eine wissenschaftlich anerkannte und hoch seriös arbeitende Forschungsgruppe für Homöopathie.

Fachärztliche Privatpraxis Dr. med. Karin Maier-Heinle

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